Der Loccumer Vertrag als Wegmarke des Verhältnisses von Kirche und Staat

Hatte die Zeit des Nationalsozialismus die Evangelisch-reformierte Landeskirche der Provinz Hannover noch den Staat als übergeordnete Größe verstanden und auch deshalb den Widerstandsweg als Kirche nicht betreten können, so ändert sich das Verhältnis zum Staat nach 1945 erheblich. Aus der Unter- bzw. Überordnung wird ein Miteinander, das auch in Verträgen Gestalt gewinnt. Der Loccumer Vertrag von 1955, der Modellcharakter für alle weiteren Verträge von deutschen Landeskirchen mit dem Staat hat, regelt in Niedersachsen das Miteinander von Staat und den lutherischen Kirchen und der Ev.-ref. Kirche. Erkennbar ist neben vielen Einzelbestimmungen dort, dass beide sich als Partner verstehen. Die Kirche existiert selbständig und ohne finanzielle Unterstützung des Staates. Die Kirchensteuer werden im Auftrag der Kirche durch das Finanzamt eingezogen; der Staat enthält dafür eine Entschädigung in Höhe eines bestimmten Anteils der Kirchensteuer. Das seit der Reformation unklare und mit den Inhalten der reformierten Kirche eigentlich nicht übereinstimmende Verhältnis von Kirche und Staat wird hier jetzt auf gute Weise geregelt. War bei der Gründung der Landeskirche 1882 der Staat ursächlich verantwortlich - die Gründungsurkunde der Landeskirche war ein staatlicher Erlaß -, so ist jetzt erkennbar, dass ein partnerschaftliches Verhältnis entstanden ist, in dem jeder für seinen Bereich zuständig ist. Das schließt im Einzelfall Konflikte nicht aus. Aber gerade in diesen Fällen ist der Loccumer Vertrag eine gute Grundlage, mit Konflikten partnerschaftlich umzugehen.