Frühjahrssynode 2019 - Zweiter Tag
"Kirche in der Zukunft und ihr theologisches Personal"
Die Gesamtsynode hat in Emden ihre Beratungen zum Schwerpunktthema fortgesetzt.
Nach Diskussionen in Arbeitsgruppen sammelten die 60 Synodalen Ideen, wie Beziehungsarbeit gestaltet und Jugendliche besser angesprochen werden könnten. Dabei ging es unter anderem um Jugendfreizeiten, Camps für Konfirmanden, besondere Jugendgottesdienste, Orientierungstage am Ende der Schulzeit und Stipendien für Studierende. Christiane de Vos von der EKD, Referentin am Donnerstag, bei der Planung von Projekten sei es wichtig, Jugendliche zu beteiligen.
Kirchenpräsident Martin Heimbucher hatte bereits im Vorfeld der Synode gesagt, schon jetzt könnten nicht mehr alle Pfarrstellen, die durch Pensionierungen frei würden, besetzt werden. Pro Jahr legten in der reformierten Kirche drei Studierende ihr Examen ab. Doch allein im kommenden Jahr wollten sieben Pastoren in den Ruhestand treten.
Zwischen der Kirche und den jungen Menschen gebe es eine "Kommunikationslücke", räumte Heimbucher ein. Bis zur Konfirmation sei der Kontakt gut, danach lasse er spürbar nach. Ein Ergebnis der Diskussion war, dass es eine Neuausrichtung der Beziehung zu jüngeren Menschen brauche. Die Gesamtsynode beschloss, das Moderamen zu beauftragen, die Beiträge der Debatte weiter zu entwickeln und bei der nächsten Tagung Bericht zu erstatten.
Beauftragter für theologischen Nachwuchs
Der 29-jährige Pastor coll. Fabian Brüder hat sich vor der Gesamtsynode als neuer Beauftragter für die Gewinnung des theologischen Nachwuchses vorgestellt. Brüder ist sein Anfang April in der Kirchengemeinde Lübeck als Pastor tätig, nachdem er nach seinem Vikariat in München das zweite theologische Examen abgelegt hatte.
Mit einem Teil seines Dienstes wird er sich ab sofort darum kümmern, wie die Evangelisch-reformierte Kirche ihr Nachwuchsproblem minimieren kann. Brüder kündigte bei der Synode an, intensiven Kontakt zu den Studierenden der Theologie aufzunehmen und diese zu begleiten. Gemeinsam mit Social-Media-Aktiven aus allen Bereichen der Kirche wolle er Modelle entwickeln, wie auf diesem Wege die Kirche näher an die junge Generation heranrücke. Brüder wird auch am Social Media Tag der Landeskirche am 15. Juni teilnehmen.
Fast 50% weniger Mitglieder bis 2060
Auch die Evangelisch-reformierte Kirche wird einer wissenschaftlichen Prognose zufolge bis zum Jahr 2060 weiterhin schrumpfen. Finanzwissenschaftler der Universität Freiburg prognostizieren einen Rückgang der Mitgliederzahlen um gut 42 Prozent, sagte Vizepräsident Helge Johr vor der Gesamtsynode in Emden. Parallel dazu gingen die Finanzmittel „deutlich spürbar“ zurück. Doch Johr machte auch deutlich: Die Studie zeigt Handlungsspielräume auf.
Anfang Mai hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Studie zur Mitglieder- und Finanzentwicklung veröffentlicht. Sie prognostiziert allen Landeskirchen bis 2060 einen Rückgang ihrer Mitglieder und der Finanzkraft um die Hälfte, also im Durchschnitt etwas deutlicher als bei den Reformierten. Die reformierte Kirche hatte die für sie zutreffenden Zahlen bisher noch geheim gehalten, um sie nun zunächst ihren Synodalen vorzustellen.
Johr betonte vor der Synode: „Wir erkennen durchaus die Stellschrauben, die es noch gibt.“ Besonders der Blick auf die Taufquote und die Austritte zeige: Hier kann die Kirche aktiv werden. Schon kleine Veränderungen in der Entwicklung könnten auf Dauer erhebliche Auswirkungen haben, rechnete Johr vor. Gebe es im Durchschnitt der Gemeinden jährlich nur eine einzige Taufe mehr und einen einzigen Austritt weniger, bedeute das bis 2060 cirka 10.000 Gemeindeglieder mehr. „Schon kleine Entwicklungen haben auf Dauer erhebliche Auswirkungen“, so Johr.
Nach Angaben der Forscher hat der größere Teil des berechneten Rückgangs demografische Gründe. Durch die älter werdende Gesellschaft gehe die Mitgliederzahl bis auf 129.000 zurück. Ein zweiter, wesentlicher Faktor in der Berechnung sind die Kirchenaustritte und die sinkenden Zahlen bei der Taufe. Zurzeit würden in den Gemeinden etwa 85 Prozent der Kinder eines Jahrgangs getauft, so Johr. Er rechne damit, dass diese Zahl weiter sinken werde. Halte dieser derzeitige Trend an, reduziert sich die Mitgliederzahl nochmal um 29.000 Menschen auf dann 100.000, so die Forscher.
Johr riet der Synode: Die Studie zeige deutlich, dass gerade die 18 bis 30-Jährigen häufig keinen Grund mehr sehen, warum Sie Mitglied der Kirche sein sollten. Da müsse die Kirche ansetzen und zeigen, „dass eine Mitgliedschaft in unserer Kirche als attraktiv wahrgenommen wird.“
Die nächste Gesamtsynode tagt vom 21. bis 22. November 2019 in Emden.