Herbstsynode 2022
Am 17. und 18. November 2022 tagt die Herbstsynode der Evangelisch-reformierten Kirche. Die Synode trifft sich in Präsenz mit allen Synodenmitgliedern in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden. Die Synodentagung wird mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Schweizer Kirche eröffnet.
Auf der Tagesordnung am Donnerstag stehen der Bericht des Moderamens zu aktuellen Themen in der Evangelisch-reformierten Kirche. Am Nachmittag stellte der Ausschuss für kirchliche Kommunikation eine Kampagne zum Thema Taufe vor. Der Freitag steht im Zeichen des Haushaltsplans für das Jahr 2023.
Die gesamte Tagung wurde per Livestream hier auf der Webseite und bei YouTube übertragen.
Livestream von der Gesamtsynode
Berichte vom 1. Synodentag - 17. November 2022
Am Donnerstagvormittag ist in Emden die Gesamtsynode mit einem Abendmahlsgottesdienst eröffnet worden. In seiner Predigt ging der Göttinger Pastor Michael Ebener der Frage nach, was wäre, wenn die Ukraine keine Grenzen hätte. Er stellte diese Frage in den Zusammenhang mit menschlichem Hochmut, über den die Bibel am Beispiel von Belsazar, dem König von Babylonien, berichtet. Zum menschlichen Hochmut gehöre auch das willkürliche Grenzen ziehen, so Ebener. „Seit wir aus dem Paradies vertrieben sind, setzen wir Grenzen, verteidigen wir Grenzen, überschreiten wir Grenzen, folgt Imperium auf Imperium.“
Aktuell wohne Hochmut, so Ebener, „in weiß-goldenen Palästen und träume an acht Meter langen Tischen vom alten Imperium“. Oder der Hochmut „setze für 200 Milliarden US-Dollar klimatisierte Fußballstadien und Infrastruktur in den Wüstensand“.
Vor diesem Hintergrund liefert Ebener die Antwort auf seine Frage: „Hätte die Ukraine keine Grenzen, gäbe es keinen Anreiz, Grenzen zu verrücken und Gebiete rück zu erobern, die man für ewiges Eigentum hält.“ Mit Worten der Seligpreisungen sagte Ebener: „Selig sind, die keine Grenzen haben, denn sie werden keine Kriege führen.“
Anschließend eröffnete der stellvertretende Präses, Jakobus Baumann, die synodalen Beratungen.
Bericht des Moderamens
Solidarität mit den Menschen in der Ukraine
Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden hat zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine aufgerufen. Im Bericht des Moderamens sagte Bei der Wieden vor der Synode in Emden: „Uns treibt die Sorge um die Menschen in der Ukraine um, die angesichts der Zerstörungen von Wohnhäusern und Infrastruktur einem Winter in Hunger und Kälte entgegengehen.“
Der Einsatz von Atomwaffen oder der Beschuss ukrainischer Atomanlagen seien nach wie vor akute Gefahren. Bei der Wieden kündigte an, weiterhin in Friedensgebeten an die Menschen zu denken, „die unter diesem sinnlosen und völkerrechtswidrigen Krieg leiden müssen“. Menschen, die sich um ein Ende der kriegerischen Handlungen bemühen, bräuchten Hoffnung und Fantasie.
Die Folgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine seien auch ein Thema dieser Gesamtsynode, so Bei der Wieden.
Reformierte Kirche steht vor grundlegendem Wandel
Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden und Vizepräsident Helge Johr haben vor der Gesamtsynode in Emden die Evangelisch-reformierte Kirche auf herausfordernde Jahre eingestimmt. „Das Zusammenspiel von Mitgliederverlusten, Personalmangel und Rückgängen in den finanziellen Ressourcen macht eine strukturelle Weiterentwicklung unserer Kirche notwendig“, sagte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden. Ziel dieser Bemühungen müsse es sein, lebensfähige Gemeinden zu erhalten.“ Sie müssten in ihrem Auftrag, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein, gestärkt werden.
Vizepräsident Helge Johr bilanzierte, dass in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Kirchenmitglieder kontinuierlich zurückgegangen sei. Zusätzlich zum demografischen Wandel sei die Anzahl der Kirchenaustritte in den vergangenen Jahren beständig angewachsen. Bis einschließlich 2013 seien jährlich weniger als 900 Menschen aus der Reformierten Kirche ausgetreten. Diese Zahl habe sich bis 2021 auf knapp 1.800 etwa verdoppelt. „Die bisherigen Zahlen für 2022 lassen vermuten, dass im Jahr 2022 die Kirchenaustritte die Zahl von 2.000 überschreiten wird“, betonte Johr
Bei den Finanzen rechnet Johr bis 2038 mit einem „erheblichen strukturellen Defizit“. Steigerung der Lohnkosten und wachsende Inflation würden durch die laufenden Einnahmen nicht gedeckt. 92 Millionen Euro stünden dann lediglich Einnahmen von zwischen 60 und 70 Millionen Euro gegenüber Zudem kämen neue Aufgaben im Klimaschutz und in der Bauerhaltung hinzu. Bei den Pfarrstellen drohe, dass 2040 nur 60 von etwa 80 notwendigen besetzt werden können.
In der Pressekonferenz in der Mittagspause warb der stellvertretende Präses Jakobus Baumann aus Stapelmoor für Veränderung: „Wenn es unser Ziel ist, selbständige Kirche zu bleiben, müssen wir mit Blick auf 2040 eine Struktur schaffen, die dies ermöglicht.“
Johr kündigte an, dass das Moderamen bis zur Herbstsynode 2023 im Dialog mit allen kirchlichen Organen neue gesetzlichen Regelungen vorschlagen wolle: Der Pfarrdienst solle für Quereinsteiger geöffnet werden und multiprofessionelle Teams sollen in den Gemeinden etabliert werden. Die Zuweisung an die Gemeinden solle nicht mehr vom Gebäudebestand abhängen. Zudem ist geplant, dass die Kooperation zwischen Kirchengemeinden weiter gestärkt wird.
Kirchenpräsidentin Bei der Wieden bezeichnete den aufgezeigten Weg als „gemeinsame Aufgabe“. Der Wandel werde nur gelingen, „wenn wir neu lernen, uns nicht als eine Summe von Einzelgemeinden zu verstehen, sondern als eine Gemeinschaft, die in diesem reformierten Bekenntnis lebt und leben möchte.“
Sie standen in der Pressekonferenz Rede und Antwort: Vizepräsident Helge Johr, stellvertretender Präses Jakobus Baumann und Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden
Nachwahl in kirchliche Gremien
Die Gesamtsynode hat Harm Adam aus Bovenden als zweiten Stellvertreter des zweiten evangelisch-reformierten Mitglieds der EKD Synode einstimmig bei zwei Enthaltungen gewählt. Reguläre Delegierte sind Jakobus Baumann aus Stapelmoor und Thomas Borst aus Leipzig.
Die Synodalen entsandten Bianca Spekker, Pastorin in Papenburg und Mitling-Mark, in den Jugendausschuss und wählten den Geschäftsführer der Diakonischen Dienste Bentheim, Bernd Kalter, in den Diakonieausschuss.
#wärmewinter – Aufruf zu Beteiligung
Diakoniepastor Thomas Fender hat die Kirchengemeinden zur Beteiligung an der Aktion #wärmewinter aufgerufen. Vor einigen Wochen hatten EKD und Diakonie diese Aktion gestartet, um damit in ganz Deutschland wärmende Orte zu schaffen, wo Betroffene Hilfe erhalten, sich aber auch über ihre Rechte informieren können. Auch die Evangelisch-reformierte Kirche und ihre Diakonie beteiligen sich an der Aktion.
Das Diakonische Werk hat dafür einen Krisenfonds eingerichtet, um notleidende Menschen in der Energiekrise unterstützen. Dafür stünden in diesem und im kommenden Jahr jeweils 150.000 Euro zur Verfügung, sagte Fender. Die Gemeinden könnten Projektideen entwickeln und dafür Finanzhilfe beantragen.
Finanziert wird dieser Krisenfonds aus den Mehreinnahmen der Kirchensteuer aus der im September ausgezahlten Energiepreispauschale des Bundes. Die evangelischen Kirchen und die Katholische Kirche hatten im September entschieden, dieses Geld direkt Menschen zugute kommen zu lassen, die unter den Folgen der Energiekrise leiden.
Angesichts von Inflation und der steigenden Zahl der von Armut bedrohten Menschen seien die Gemeinden gefordert, „damit der Winter für möglichst viele Menschen zum Wärmewinter wird“, bekräftigte Fender. Beispiele für mögliche Aktionen, die in Gemeindezentren bereits umgesetzt würden, seien ein Winterspielplatz in einer Kirche, ein Wärmeraum mit Mittagstisch und die Absicherung einer „Kinderarche“ mit Unterstützungsangeboten für Heranwachsende.
weitere Informationen
www.diakonie.de/waermewinter/
Mehr Klimaschutz bei kirchlichen Gebäuden
Die Evangelisch-reformierte Kirche will zukünftig bei allen Baumaßnahmen stärker auf ökologische Kriterien achten. Vizepräsident Helge Johr sagte: „Bereits in der Bau- und Finanzierungsplanung sind ökologische und energetische Gesichtspunkte zu berücksichtigen, um die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Umwelt zu minimieren." Dafür habe die Landeskirche Standards für effizientes und nachhaltiges Bauen entwickelt. „Jedes Bauvorhaben muss im Einklang mit den Klimazielen unseres Klimaschutzkonzeptes stehen.“
Zudem muss jede Kirchengemeinde nun mit einem Baukonzept nachweisen, wie ein Bauvorhaben mit der Entwicklung der Gemeinde und dem Gebäudebestand der näheren Region im Einklang steht. Nur, wer mit Hilfe eines Punkteplans, genügend Punkte nachweisen könne, habe die Möglichkeit, eine landeskirchliche Baubeihilfe zu erhalten. Ziel sei es, so Johr, langfristig den kirchlichen Gebäudebestand zu reduzieren.
Um den Energieverbrauch in Kirchen zu reduzieren fördert die Evangelisch-reformierte Kirche zukünftig den Einbau effizienter körpernaherHeizsysteme, sogenannte Sitzpolster- oder Sitzbankheizungen. Johr erläuterte, dass die meisten klimaschädlichen Treibhausgase durch das Beheizen von Kirchbauten mit konventionellen Raumluftheizungen entstünden. Eine Sitzbankheizung wirke unmittelbar dort, wie sie gebraucht werde. Eine Voraussetzung für den Einbau dieser körpernahen Heizsysteme sei, dass sie mit Strom aus regenerativer Energie betrieben würden.
Taufkampagne wirbt bei Eltern für Taufe
Unter dem Titel „tauffrisch“ will die Evangelisch-reformierte Kirche im kommenden Jahr eine Taufkampagne starten. Viele Taufen seien in den Corona-Jahren nicht möglich gewesen, sagte Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden. Die Kirche wolle Eltern deshalb einen neuen Impuls geben, ihre Kinder unter den Segen Gottes zu stellen.
Im Vor-Corona-Jahr 2019 gab es in der den Gemeinden der Evangelisch-reformierten Kirche 1.133 Taufen, 2020 waren es 739 und im vergangenen Jahr 975.
Entwickelt wurde die Kampagne im Ausschuss für kirchliche Kommunikation, der die Initiative der Synode vorstellte. Familien mit mindestens einem reformierten Kirchenmitglied sollen angeschrieben und auf die Möglichkeit, ihr Kind taufen zu lassen, hingewiesen werden. Alle, die dies dann in ihrer Kirchengemeinde machen, sollen ein mit einem „Willkommenspaket“ überrascht werden.
Die Internetseite www.tauffrisch.de ist das Zentrum der Kampagne. Hier werde Informationsmaterial zum Thema Taufe sowie die Möglichkeit der schnellen Kontaktaufnahme zur zuständigen Kirchengemeinde angeboten. Die Kampagne solle im Februar 2023 starten. Ein Schwerpunkt sei das letzte Juni-Wochenende, wenn evangelische Kirchengemeinden in ganz Deutschland Tauffeste organisieren.